Hallo zusammen,
wie im letzten Beitrag erwähnt, möchte ich euch heute gerne etwas mitteilen. Natürlich ist die Zeit hier super und ich finde auch meine Arbeit immer noch klasse. Aber nicht alles ist immer so rosig, wie es vielleicht manchmal rüberkommt.
Wie ich ja schon hin und wieder erwähnt habe, verstehe ich mich mittlerweile mit den meisten Flüchtlingen echt super und wir unterhalten uns auch viel. Vor etwa einer Woche, kurz vor Neujahr, hat mich die Nachricht eines Flüchtlings erreicht. Er hat mir darin mitgeteilt, dass wieder ein paar seiner Freunde versucht haben über die Kroatische Grenze zu kommen. Der Weg dahin ist alles andere als ungefährlich. Und genau das ist mir in seiner Nachricht nur nochmal mehr klar geworden. Die ein oder andere Fluchtroute führt durch einen Fluss. Und als sie es erneut versucht haben, ist dabei ein Mensch gestorben. Er ist ertrunken. Seine Freunde konnten ihm nicht einmal helfen, da der Fluss in Kroatien fließt und die anderen wieder zurück nach Bosnien & Herzegowina getränkt wurden. Die Fluchtrouten durch die Flüsse sind zurzeit noch gefährlicher, denn es hat zu diesem Zeitpunkt viel geregnet und dementsprechend sind die Flüsse höher und auch schneller. Als mich die Nachricht erreicht hat, war ich natürlich geschockt, weil ich zu diesem Zeitpunkt auch nicht genau wusste, wer es ist. Kenn ich ihn? Oder habe ich mich mal mit ihm unterhalten? Es hat sich am Ende herausgestellt, dass ich den jungen Mann nicht kannte. Was die Sache natürlich aber nicht verbesserte. In der Nachricht, die mir geschickte wurde, wurde auch darum gebeten zu helfen, dass man ihn schnell findet. Ich habe mich in diesem Moment so hilflos gefühlt, denn ich wusste ja nicht wie ich helfen sollte. Ich kenne weder Personen an der Grenze oder bei der kroatischen Polizei noch sind mir sonst Ideen eingefallen. Ich war vermutlich auch etwas überfordert mit der ganzen Situation. Aber ich habe versucht, so gut es ging damit umzugehen. Ich habe dann aber ein paar Tage später einige Flüchtlinge getroffen, die meinten, dass er wohl gefunden wurde, aber 100% sicher waren sie sich auch nicht. Ich hoffe natürlich inständig, dass er mittlerweile gefunden wurde.
Was ich euch damit auf den Weg geben möchte: nicht alles ist Friede, Freude, Eierkuchen. Man kann sich natürlich super mit den Menschen unterhalten und alles. Und sie sind auch immer gut gelaunt, aber dennoch versuchen viele es schon mehr als 20-mal über die Grenze zu kommen. Nehmen jedes Mal aufs Neue diesen Weg auf sich, der alles andere als sicher ist. Denn nicht nur der Fluss ist eine große Herausforderung! Es ist wirklich ein Spiel um Leben und Tod!!!
Ich wünsche euch dennoch ein schönes Restwochenende.
Eure Paddy
Liebe Patricia, vielen Dank, dass du auch unerfreuliche Geschehenisse mit uns teilst. Es ist für mich wichtig, auch immer wieder solche Dinge zu hören. Wie froh und dankbar sollte ich doch für mein sicheres Dach über dem Kopf sein, wenn auch in meinem Leben nicht alles nach meinen Vorstellungen verläuft. Ich kann verstehen, dass dich solche Situationen belasten. Hoffentlich kannst du mit anderen vom JRS darüber sprechen, um sie zu verarbeiten.
Ich habe noch eine Frage zu deinem vorherigen Beitrag (wir haben beim Essen darüber diskutiert): weshalb sind die Ärzteteams nicht gerne gesehen?
Ich wünsche dir weiterhin eine gute Zeit mit möglichst vielen ermutigenden Erlebnissen! Herzliche Grüße, Birgit & Co.
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Hallo Birgit,
also so 100% wissen tue ich es auch nicht, weil es für mich auch nicht verständlich ist…aber die Ärzte kommen ja nicht als Ärzte ins Land, sondern als Touristen. Ich denke, dass das ein großes Problem ist, weil man als Tourist natürlich niemanden in diesem Maß versorgen oder verarzten darf. Zudem gibt es ja im Land selbst schon Organisationen, die dafür berechtigt sind. Zum Beispiel das Rote Kreuz oder Helfer aus den Camps. Aber die Polizei möchte einfach auch nicht so gerne, dass man diesen Menschen hilft, weil sonst das Gefühl vielleicht zu hoch ist, zu bleiben. Das wäre meine Meinung. Ich hoffe, dass hat deine Frage etwas beantwortet :).
Liebe Grüße Patricia
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Schrecklich, wieviel Leid Menschen auf sich nehmen um ins angeblich gelobte Land zu kommen. Die Verzweiflung muss schon sehr groß sein. Und das alles in nur 1000 km Entfernung. Und wenn sie es dann geschafft haben sitzen sie wieder fest, in Containersiedlungen. Welch ein Leben! Wie kann man den Menschen nur helfen, dass sie wieder glücklich werden. Schwierige Frage! Du gibst einen Beitrag dazu! Das ist soooo schön und so gut von dir! Gruß Papa
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